Mittwoch, 21. Oktober 2009

Crash-Boccia - Jugenderinnerung Teil 2

Hier gibt es Teil 1 zu lesen


Nun stellte sich uns natürlich sofort die Frage, was kann man mit solchen Steinen Lustiges anstellen? Der Zufall wollte es, dass ich kurz vorher im Fernsehen ein paar alte Männer gesehen hatte, die einem Spiel namens Boccia nachgingen. So wie die dort miteinander referierten, schien die Sache Spass zu machen.
Die Regeln sind relativ simpel: eine kleine Kugel wird als Ziel ein paar Meter nach vorne gerollt, danach versucht man abwechselnd mit seinen grossen Kugeln so nah wie möglich an die Kleine durch Rollen oder Werfen heran zu kommen.
So weit, so gut.
Ich brauchte meinen Freund nicht lange überreden. Ein kleiner Stein als Zielobjekt war in einer Blumenrabatte schnell gefunden. Wir nahmen quer vor dem Tante Emma Laden Aufstellung. Grosszügig überliess ich meinem Freund die Ehre, den Zielstein als Erster zu werfen. Leider unterschätzte er seinen eigenen Schwung und warf das Ding acht bis zehn Meter weit weg. Unser Stolz liess es natürlich nicht zu, zuzugeben, dass das ein wenig weit weg war und er doch besser einen neuen Versuch hätte machen sollen.
Nun war die Reihe an mir. Ich nahm einen der grossen Steine in die rechte Hand, prüfte konzentriert sein Gewicht, schwang den Arm mit einer anmutigen Bewegung nach hinten, liess ihn in einer sauberen Kreis-Bahn nach vorne gleiten und öffnete meine Faust genau im richtigen Moment um den Stein in seine Flugbahn zu entlassen.
Meine anfängliche Freude machte in Sekundenbruchteilen einer riesigen Enttäuschung Platz. Ich merkte, dass ich die Distanz zum Ziel und das Gewicht des Steines, völlig falsch eingeschätzt hatte. Mein Wurf reichte gerade so für lausige drei Meter. Und da der Stein das pure Gegenteil von gleichmässig rund war, rollte er nur noch einen schlappen Meter weiter, und das auch mehr seitlich als in Richtung Ziel. Super. Und ausserdem hatte ich damit meinem Freund taktisch voll in die Hände gespielt. Noch mehr super.
Er beobachtete nämlich meinen kläglichen Versuch mit Argusaugen. Ich sah, dass er sich ein höhnisches Grinsen gerade so noch knapp verkneifen konnte. Er wusste nun, dass zum Erreichen des Ziels etwas mehr Dampf nötig war.
Nachdem er sich einen Stein gegriffen hatte visierte er das Ziel mit zusammengekniffenen Augen und zwischen die Lippen gepresster Zungenspitze an. Seine Ausholbewegung war gewaltig im Gegensatz zu meinem kümmerlichen Versuch. Pfeilschnell raste sein Arm nach vorne und entliess das Wurfobjekt auf seine Reise Richtung Ziel.
Von nun an schien alles gleichzeitig zu geschehen.
Zum besseren Verständnis sei noch folgende Erklärung erlaubt. Die Front des Tante Emma Ladens gliederte sich in drei Bereiche. Links und rechts befand sich jeweils ein Schaufenster mit einer Breite von etwa fünf Metern. Dazwischen der Eingang, der einen halben Meter zurückversetzt liegt. Und auch dieser halbe Meter ist vollverglast.
Noch.

© geschichtenerzähler

3 Kommentare:

  1. Oooooch neeee, das kannst Du nicht machen, oder?! Du hast die Gabe einen auf die Folter zu spannen...!

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  2. Ich war in einem früheren Leben wohl ein sehr begnadeter Folterknecht im Mittelalter... ;-)

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  3. @geschichtenerzähler: Jaaaaaa, das Gefühl habe ich auch!

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